- Die Entscheidung - langsam haben sich die schwalben an sie gewoehnt. und sie sich an die schalben. wie karen, wollen auch die kleinen hausschwalben die letzten sonnenstralen an einem der letzen sonnentage dieses jahres in sich aufnehmen, um sie fuer den langen duesteren winter aufzuheben. als ob das funktionieren wuerde. jeden abend kommen diese schalben wie einem ritual folgend, zum ihrem haus, um sich fuer einige minuten auszuruhen. immer wieder versuchen sie sich den besten platz an der sonne zu erkaemfen, der anscheinend darin besteht senkrecht und moeglicht hoch an der haeuserwang festgekrallt zu verharren. jeder fluegelschlag loest eine reaktion bei den nachbarschwalben aus. und so weiter, so das der schwarm nie zur ruhe kommt. scheinbar orientierungslos irren die kleinen fluegelflieger umher. aber wenn man den schwarm als ganzes berachtet, entdeck man seine ihm innewohnende ordnung, bekommt jede bewegung wieder einen sinn. wie von geisterhand gesteuert gehorchen nun die schwalben einer hoeheren kraft. nicht anders als bei den menschen, denkt sich karen. die gedanken treiben zu lassen ist so ungeheuer befreiend. es ist im grunde genommen wie meditieren. es rueckt die eigenen probleme auf das richtige mass zurecht. gerade jetzt kann sie das gut gebrauchen. immer wieder beschaeftigt sie dieser traum. seit dem sie joerg kennen gelert hat traumt sie von einer familie und kindern. es geht ihr nicht mehr aus dem kopf. frueher hatte sie nie mit diesem gedanken gespielt, freunde und beruf waren ihr heilig. dieser mann laesst in ihr saiten erklingen, von denen sie gar nicht wusste, dass es sie gibt. langsam wurde es ihr unheimlich. sie war im begriff die kontrolle zu verlieren. Ausserdem hatte sie eine Entscheidung zu faellen die ihr leben in aller kuerzester zeit veraendern wuerde. grundlegend. sie brauchte zeit, um ueber sich selbst klar zu werden. dazu musste sie joerg aus dem weg gehen. das war im grunde genommen nicht schwer. sie hatte einen direkten zugang zur garage. eigentlich brauchte sie gar keine für ihr altes golf-1 cabriolet aber in diesem kleinen vorort einer nicht viel groesseren kleinstadt sind garagen so selbstverstaendlich wie fahrstuehle in hochhaeusern. jetzt ist sie froh darüber. das per funkfernbedienung oeffnende garagentor macht ihr den weg frei, frei von einer unvorbereiteten begegnung mit zuviel realitaet. sie war heute mit gabi uetrecht verabredet. einer bekannten aus dem fitnessklub 'stramme waden'. karen trifft sich mit ihr auf dem marktplatz. sie kommt gerne hier her. um diese zeit war immer gemuesemarkt und sie beobachtete die leute, was sie einkaufen, und ueberlegte sich, was sie wohl daraus kochen werden oder sonstigen zwecken zuführen wuerden. machmal kann man am leuchten in ihren augen sehen, wie sie sich ihren fertig gebackenen zwiebelkuchen im geiste ausmalten. gerade so, dachte sich karen, als wenn ich eine pfennigabsatzgrosse Unterlegscheibe erstanden habe und in gedanken schon das freudig blubbernde geraeusch des reparierten Vergaseblocks hoeren kann. gabi ist puenktlich. karen entdeckt sie am gurkenstand. das thema faellt natuerlich promt auf joerg. karen erzaelt ihr, dass joerg fuer 3 jahre nach nepal will. er soll dort ein eu-hilfs-programm "doerfer ans internet" leiten. Was ist dann mit deinem traum vom familienglück? fragt gabi zurück. Das war doch nur torschlusspanik. irgendwie ist sie doch ganz froh, sich jetzt noch nicht entscheiden zu muessen. ihre biologische uhr tickt. ja, aber so schnell nun auch wieder nicht. und das damoklesschwert klimakterium schwebt noch in weiter ferne. lassen wir die zeit entscheiden, dachte sie sich. sie wuerden sich jedes jahr im urlaub besuchen. sich zunaechst aengstlich abtasten, ob ihre gefuehle fuereinander denn ueberhaupt noch da sind und ob der partner auch noch der selbe sei. um dann in einer wilden extase die 11 monatige trennung nachzuholen. diese gluecklichen paare die am flughafen sich schon auf sichtweite einander in die arme rennen gibt es doch nur im film. gabi reisst sie aus ihren gedanken. sie erzaehlte gerade von ihrer 23. wohnungsbesichtigung, die wiedermal eine enttaeuschung war. das interessiert karen im moment wie waldsterben auf dem mars. joerg faehrt in einer woche. sie könnte sich ein semester frei nehmen und mit ihm gehen. er hat es ihr mehrmals angeboten. aber will sie das ueberhaupt. sie kennen sich erst einen monat, sagt mehr zu sich selbst als zu gabi. immer wenn ich ihm in die augen sehe, dann sehe ich mich und immer wenn ich in den spiegel sehe dann sehe ich ihn. es ist nur eine ahnung des glücks aber wenn ich ihr nicht folge werde ich mir mein ganzes leben vorwürfe machen. mein entschluss steht fest. ich gehe mit joerg nach nepal. erstmal. nachdem die last dieser schweren entscheidung von ihr abgefallen ist, fuehlt sie sich viel wohler. schon macht sie sich ueber ihre entscheidung lustig. ob sie wohl einen yeti treffen wird? gabi findet die geschichte gar nicht komisch.weisst du eigentlich auf was du dich da einlaesst? in nepal darben die menschen an den grundlegendsten dingen - am meisten an wasser. es gibt fast keine strom und nur 5% haben einen Kuehlschrank. Sie weiss wie gerne karen eis isst. doch damit hat sie karen nur das stichwort in den mund gelegt. Es ist genau dieses Potential, sagt sie, aus dem ich den stoff fuer meine studie der "lebensmittelkonservierungsmannigfaltigkeit in der dritten welt" schoepfen kann. dieses wissen kann ich fuer meine diss sehr gut gebrauchen. damit war alles gesagt. die zwei damen hatten noch einen schoenen sonntagnachmittag zum faulenzen vor sich. es gleicht einem ritual. erst treffen sie sich am markt, dann suchen sie sich ein cafe in der innenstadt aus und beobachten die leute, oder lesen in der sonntagszeitung. als höhepunkt lösen sie gemeinsam das Kreuzworträtsel auf seite 33. Hauptstadt von Nepal? Katmandu. wenn das kein wink des schicksals war. Phase einer Frau? Menopause. nein 12 Buchstaben. Klimakterium. (**) ja, passt. hast du den boyly eben gesehen? - von dem wuerde ich mich gerne mal massieren lassen. warum nicht - ich kenne einen Therapeuten der auch sonntags arbeitet. er kommt sogar nach hause... jwm. Wörter die vorkommen mussten: *Saite *Pfennigabsatz *Klimakterium *Waldsterben *darben